Wie wir täglich alle sehen und merken, erstickt der Bezirk Mödling im Autoverkehr. Die Gemeinden im Bezirk versuchen mit großen Anstrengungen die FahrzeuglenkerInnen auf öffentliche Verkehrsmittel einzustimmen.
Im Juni d. J. wurde für ganz Niederösterreich ein neues Tarifsystem eingeführt, das mit dem Untertitel ‚faire Preise‘ die meisten BenutzerInnen öffentlicher Verkehrsmittel mehr verärgert, denn beglückt hat. Vor allem für die Wiener Lokalbahn-Kundinnen und -Kunden nahe der Kernzone Wiens haben die Neueinführungen ziemliche Teuerungen gebracht, da es keine Überlappungszonen mehr gibt.
Die Folge ist, dass – wie schon in der AKTIV AKTUELL 162 beschrieben – für Fahrten nach Wien wieder mehr auf das Auto zurückgegriffen wird.
Wiener Neudorf hat es in Verhandlungen mit der Wiener Lokalbahn (WLB) in guter Absicht, dem Umweltgedanken folgend, für seine BürgerInnen geschafft, dass diese von Wiener Neudorf mittels der Wiener Neudorf-Card bis zur Wiener Stadtgrenze zum halben Preis und an Samstag, Sonn- und Feiertagen sogar kostenlos unterwegs sind.
Für dieses Projekt hat Wiener Neudorf nun eine Auszeichnung vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) in Anwesenheit von Umwelt-Landesrat Stephan Pernkopf und Verkehrs-Landesrat Karl Wilfing (beide ÖVP) überreicht bekommen.
Diese Sonderkonditionen wurden von der WLB natürlich nicht nur deshalb akzeptiert, weil die Wiener NeudorferInnen so sympathisch oder überdurchschnittlich hübsch bzw. vor allem umweltbewusst sind, nein, sie wurden akzeptiert, weil die Marktgemeinde Wiener Neudorf jährlich Euro 8.000,– an die WLB zahlt – und das seit Jahren, wie erst jetzt bekannt wurde.
Wie kann das neue Tarifsystem als ‚gerecht und fair‘ bezeichnet werden, wenn mit einer einmaligen Jahreszahlung das so hoch gelobte System ad absurdum geführt wird. Wie muss ein Unternehmen wie die Wiener Lokalbahnen AG gestrickt sein, wenn es sich auf so einen Deal einlässt? Die Euro 8.000,– ergeben doch niemals den Gegenwert aller Fahrten Wiener Neudorfer BürgerInnen eines Jahres nach Wien, wobei der genannte Betrag wohl nicht einmal ein Zubrot für WLB darstellt.
Ich kann mir denken, was nach Bekanntwerden der Wiener Neudorfer Sonderregelung nun in den Köpfen der WLB-NutzerInnen anderer Gemeinden und in den Gemeindegremien entlang der Badner Bahn-Strecke außerhalb Wiens vorgeht.
Die erste Reaktion:
– Wieso hat unsere Gemeinde nicht mit der WLB in dieser Sache verhandelt?
– Wie viel müsste unsere Gemeinde (z.B. Guntramsdorf oder Möllersdorf) zahlen, um zum Halbpreis bzw. gratis bis zur Stadtgrenze zu fahren – Euro 10.000,– oder 12.000,–?
– Ist so eine Sonderregelung unendlich dehnbar, wenn genug bezahlt wird (z.B. bis Baden Josefsplatz)?
Unsere Gemeinde hat in diese Richtung nie Verhandlungen geführt, nicht, weil das Umweltbewusstsein der Maria EnzersdorferInnen vielleicht nicht ausgeprägt genug wäre, sondern weil niemand überhaupt je daran dachte, dass die WLB durch etwaige Zahlungen zum Schaden anderer Gemeinden bzw. Kundinnen und Kunden das fest geschriebene Tarifsystem einfach unterlaufen könnte.
Unsere Gemeinde hat sich immer auf die Erneuerung des Bahnsteiges und den Einbau eines Liftes konzentriert, um den Maria Enzersdorfer BürgerInnen die Station barrierefrei anbieten zu können.
Von einem Angebot von der hässlichsten Badner Bahn-Station der Strecke Baden – Wien als Wiedergutmachung wenigstens günstiger nach Wien fahren zu dürfen, wurde von Seiten WLB jedenfalls nie etwas erwähnt.
Ich hoffe, dass vor unserer nicht noch weitere WLB-Stationen zum zweiten Mal umgebaut werden, sodass auch wir in absehbarer Zeit uns über eine Station freuen dürfen, die den von WLB selbst gesetzten Standards entspricht.
Anneliese Mlynek